Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Demokratie-AG in Chemnitz vor dem wohl bekanntesten Wahrzeichen der Stadt, dem Karl-Marx-Moment. An diesem Platz fanden 1989 die zentralen Kundgebungen statt.
Im Rahmen unserer Projekttage vom 1.-3. Juli 2024 konnten wir endlich die streikbedingt entfallene Fahrt der AG „Demokratie vs. Rechtsextremismus“ nach Chemnitz nachholen und fuhren über Leipzig zu unserer Partnerstadt. Der Zwischenstopp in Leipzig konnte für eine Führung mit einem ehemaligen DDR-Bürger genutzt werden, der Geschichten aus seinem früheren Leben zu erzählen wusste, die nicht nur erschreckend, sondern eigentlich auch unvorstellbar waren. So berichtete Jens von vier jungen Frauen, die ihn als Kellner, der in Zügen arbeitete, die zwischen der DDR und BRD verkehrten, nach guten „Clubs“ im Westen fragten. Auch um den Damen zu gefallen, wollte Jens keine Antwort schuldig bleiben und sprach auf der Basis eines Flyers, den er aus dem Westen kannte, eine Empfehlung aus, was letztlich für ihn zu einer mehrtägigen unangenehmen Befragung durch die Stasi führte, denn die jungen Frauen waren nach Aussage der Stasi-Beamten französische Agentinnen. Auch eine Begegnung mit der bundesrepublikanischen Sängerin Nena im Zug, die Jens eine ihrer Platten schenkte, zog eine Vorladung beim Ministerium für Staatssicherheit nach sich. Nach dem Mauerfall beantragte Jens Einsicht in seine Stasi-Akte und stellte fest, dass über 1000 Seiten über ihn angelegt waren und seine kurzen Aufenthalte in der BRD, die ihm sein Beruf ermöglichte und die er beispielsweise zum Kauf von Platten in entsprechenden Plattenläden nutzte, genauestens dokumentiert waren. Der Alltag in einer Diktatur wurde durch seine Erzählungen für uns ein bisschen anschaulicher und greifbarer – das Leben in einer Demokratie als Privileg gleichsam bewusster.
Am nächsten Tag fuhren wir weiter zu unserer Partnerstadt Chemnitz, wo wir im Rathaus herzlich von Frau Brückner, unserer Ansprechpartnerin für die Städtepartnerschaft, empfangen wurden und die uns eine exklusive wie intensive Führung durchs Haus gab. Interessant zu sehen waren für uns Düsseldorfer die Geschenke, die Düsseldorfer Oberbürgermeister der Stadt Chemnitz gemacht hatten und die in einer Glasvitrine – zusammen mit Geschenken anderer Partnerstädte – ausgestellt sind (u.a. ein Düsseldorf-Bild, eine Büste Heinrich Heines sowie ein Zierteller mit dem Schloss Eller als Motiv). Auch im Chemnitzer Stadtbild ist Düsseldorf vertreten, wie wir zu unserer eigenen Überraschung feststellen konnten: So steht ein Düsseldorfer Radschläger an prominenter Stelle in der Innenstadt und es gibt auch einen zentral gelegenen Düsseldorfer Platz.
Ein Düsseldorfer Radschläger vor dem Chemnitzer Rathaus (auf dem rechten Bild im Hintergrund).
Da der Chemnitzer Oberbürgermeister und die Stadträte im Urlaub weilten, waren ihre Plätze vakant, so dass wir für einen Moment ihr Plätze einnehmen konnten. Auch durften wir das Abstimmungsverfahren der Abgeordneten simulieren. Der Hohe Turm mit den historischen Räumen des Stadtvogtes sowie die Aussicht „von oben“ auf die Stadt Chemnitz waren ein weiterer Höhepunkt der Stadtbesichtigung. Und natürlich durfte ein Foto-Stopp am Karl-Marx-Monument nicht fehlen!
Schülerinnen und Schüler der 8f als Oberbürgermeister und Stadträte.
Eine Teilnehmerin resümiert die Reise folgendermaßen: „Mir hat die Fahrt nach Leipzig und Chemnitz sehr gut gefallen, da diese mir einen wichtigen Einblick in das Leben in der DDR geliefert hat. Die Erfahrungen, die ich während der Reise gemacht habe, werde ich niemals vergessen. Die Reise hat mein Interesse an der Geschichte und Demokratie geweckt. Ich fand es sehr wichtig, dass ich an dieser Reise teilnehmen konnte, da ich sehr viel gelernt habe.“
Wir freuen uns sehr über diese Partnerschaft und hoffen auf eine Fortsetzung bzw. Intensivierung!
Die AG-Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor dem Chemnitzer Stadtmodell am Rathaus.
Text und Fotos: Isabel Lehmkühler